Berufliche Orientierung im Land Bremen – Vertiefender Blick auf aktuelle Forschungslücken

Im vorangegangenen Projekt „BOGyO – Berufliche Orientierung für die gymnasialen Oberstufen“ konnten zentrale Erkenntnisse in Bezug auf die Entwicklung und Einbindung von Lehr- und Lernmaterialien gemacht werden, die Lehrkräfte in ihrer täglichen Arbeit unterstützen und entlasten können. Auch Fragen zum Umgang mit Heterogenität in der Begleitung Beruflicher Orientierungsprozesse von Jugendlichen wurden bearbeitet und Materialien für die thematische Vertiefung zur Verfügung gestellt. Die nun folgende „Vertiefung der Beruflichen Orientierung im Land Bremen“ ist in zwei Teilprojekte aufgegliedert. Während das Teilprojekt 1 die Umsetzung berufs- und studienorientierter Inhalte sowie die Einbindung eines digitalen Dokumentationsinstrumentes im Fachunterricht fokussiert und durch Prof. Dr. Rudolf Schröder, Dr. Tina Fletemeyer und Dr. Miriam Reußner (IÖB) durchgeführt wird, wendet sich das Teilprojekt 2 der Frage zu, wie eine gelingende Zusammenarbeit mit von Armut betroffenen Eltern und Sorgeberechtigten mit der Schule gestaltet werden kann. Dazu werden in erster Linie die Stimmen der Eltern gehört. Dieses Teilprojekt wird von Prof. Dr. Alisha M. B. Heinemann und Julia Tietjen durchgeführt.

Unterrichtsmaterialien in der Beruflichen Orientierung – Zur Perspektive von Lehrkräften auf deren Einbindung

Die unterrichtliche Einbindung berufs- und studienorientierender Inhalte stellt einen wesentlichen Baustein gelingender Beruflicher Orientierung dar. Dass die unterrichtliche Ebene im Zuge der Integration berufs- und studienorientierender Inhalte insgesamt zu stärken ist, wurde durch die begleitende Evaluation im Projekt BOGyO bereits deutlich. Gleichzeitig fehlen wichtige Erkenntnisse darüber, welche Bedarfe und Bedürfnisse Lehrpersonen in Bezug auf diese Unterstützungsstrukturen haben. Dies betrifft ebenso die Integration der futureBOx, welche als digitales Dokumentationsinstrument die Vorzüge des klassischen Portfolios mit den Chancen digitaler Medien verbindet. Jugendliche können in der futureBOx ihre Erfahrungen und Eindrücke im Rahmen der Beruflichen Orientierung multimedial dokumentieren und für individuelle Entscheidungsprozesse heranziehen. Nicht nur der Übergang von der Schule in den Beruf oder in ein Studium kann durch das ePortfolio erleichtert werden, auch können Grundlagen für lebenslanges Lernen geschaffen werden.

Neben all diesen Chancen der bereitgestellten Unterstützungsstrukturen äußern Lehrkräfte Unsicherheiten in Bezug auf die Begleitung in der Beruflichen Orientierung im Allgemeinen. Sie fühlen sich bspw. nicht hinreichend ausgebildet und erkennen die Anknüpfungsmöglichkeiten ihres Fachunterrichts nur bedingt. Aus diesen Gründen werden die Perspektiven der Lehrpersonen umso bedeutsamer, wenn es um die Vermittlung berufs- und studienorientierender Kompetenzen und um die Verwendung der angebotenen Materialien in den Unterricht geht. Sowohl Lehrkräfte als auch Schüler*innen können erheblich davon profitieren, wenn das vielfältige Repertoire an BO-Materialien genutzt werden kann. Daher beschäftigt sich das Teilprojekt 1, welches vom IÖB in Oldenburg geleitet wird, u. a. mit der subjektiven Wahrnehmung und Akzeptanz aus der Perspektive der Lehrkräfte auf die Integration berufs- und studienorientierender Materialien in den Fachunterricht.

Berufliche Orientierungsprozesse von Jugendlichen begleiten!? – Zur Perspektive von Eltern mit geringem Einkommen im Land Bremen und Bremerhaven

Die berufliche Orientierung erweist sich als eine bedeutsame Phase im Leben von Jugendlichen, welche maßgeblich über den weiteren Lebensverlauf entscheiden kann. Als wichtigste Bezugspersonen empfinden Jugendliche in dieser bewegenden Zeit nach wie vor ihre Eltern und Sorgeberechtigten. Jedoch zeigen sich gravierende Unsicherheiten und Ungleichheiten, wenn es um die Zusammenarbeit von Schulen und Eltern geht. Umso grundlegender wird die berufs- und studienorientierende Kompetenz der Lehrkräfte in Bezug auf Bildungs- und Erziehungspartnerschaften sowie die kritische Auseinandersetzung mit sozialen Ungleichheiten in dieser Phase. Insbesondere Eltern in prekären Lebenssituationen erfahren seltener eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Daher strebt das Teilprojekt 2 an, die Einschätzungen, Bedarfe und Wünsche für eine Zusammenarbeit zu erfragen und daraus Handlungsempfehlungen für Lehrkräfte, Schulleitungen und bildungspolitische Entscheidungsträger*innen zu entwickeln.

Seit 2018 ist die bundesweite Armutsquote auf dem Höchststand nach der Wiedervereinigung, während gleichzeitig die Bildungswege von Jugendlichen noch immer von Bildungshintergrund und sozialer Herkunft der Eltern abhängen. Klassistische Diskriminierung bewirkt, dass Jugendliche im Verlauf ihrer Bildungskarriere wiederholt negative Erfahrungen machen, die ihr Vertrauen in die Zukunft und ihr Selbstwirksamkeitserleben erheblich beeinträchtigen können. Das Forschungsprojekt fokussiert deshalb das Zusammenwirken von Beruflicher Orientierung und dem Umgang mit Heterogenität. Dabei wird im vom ITB geleiteten Teilprojekt eine Forschungslücke in Bezug auf differenzsensible Elternarbeit im Bereich der Berufliche Orientierung angegangen, um den Weg für eine gleichberechtigte Erziehungspartnerschaft von Lehrkräften und Eltern zu ebnen.

Ansprechpartner*innen

Dr. Tina Fletemeyer

Dr. Miriam Reußner

Julia Tietjen

Anna-Lena Müller

Laufzeit

01. April bis 31. Oktober 2022

Abschlussbericht